Der Facharzt, der für alle Narkose-Arten vor, während und nach operativen und diagnostischen Eingriffen zuständig ist, nennt man Anästhesist oder Narkosearzt. Als dieser legt er das Narkoseverfahren fest, bestimmt die Dosierung des Narkosemittels und überwacht den Patienten.
In diesem Beitrag erfahren Sie alles zum Fachbereich der Anästhesiologie: von den Aufgabenbereichen, Narkoseverfahren bis zum Gehalt.
Anästhesisten sorgen dafür, dass Patienten während eines operativen Eingriffs keine Schmerzen verspüren. Dabei ist ihr Bereich fachübergreifend, da sie bei jeder OP anwesend sind. Egal, ob Chirurgie, Innere Medizin oder Kinderheilkunde – bei jedem medizinischen Bereich, bei dem eine OP vonnöten ist, darf für einen reibungslosen Ablauf ein Narkosearzt nicht fehlen. Aus diesem Grund werden Fachärzte der Anästhesie auch „Allgemeinmediziner des Krankenhauses“ genannt.
Die Anästhesiologie ist im Vergleich zu anderen Fachgebieten ein eher „junges“ Fach. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gab es nur wenige Mittel, Patienten eine einigermaßen schmerzfreie bzw. nicht zu schmerzintensive Operation zu ermöglichen. Natürliche Substanzen wie Morphium bzw. Opium, Alkohol, Cannabis, Hyoscin oder Kokain kamen zum Einsatz, um Patienten gezielt zur Bewusstlosigkeit zu führen. Jedoch waren die operativen Eingriffe immer noch schmerzvoll und gefährlich, sodass nur einfache und schnelle Eingriffe möglich waren. Erst 1844 führte der amerikanische Arzt Horace Wells eine Narkose mit Lachgas durch. 1846 kam durch den amerikanischen Zahnarzt William Morton eine Äther-Inhalationsanästhesie zum Einsatz, sowie eine Chloroformnarkose durch den Arzt J. Y. Simpson. Zur gleichen Zeit entwickelten europäische Chirurgen wie Halsted oder die deutschen Ärzte M. Oberst und August Bier die Lokalanästhesie weiter.
Die moderne Anästhesiologie besteht aus den Bereichen Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Palliativmedizin und Schmerzmedizin. Die Anästhesie setzt sich zusammen aus den Teilgebieten der Allgemeinanästhesie und der Regionalanästhesie.
Bezeichnet auch die Vollnarkose, die durch das Verabreichen des Narkosemittels direkt ins Blut herbeigeführt wird.
Bezeichnet auch die Teilnarkose, bei der die Nerven einer bestimmten Körperregion blockiert werden und der Patient bei vollem Bewusstsein ist
Zu den Aufgaben eines Anästhesisten gehört neben dem Vorgespräch mit dem Patienten und der Durchführung der Narkose, die Überwachung aller Vitalfunktionen und die Aufrechterhaltung der Narkose während einer OP. Zudem betreut der Facharzt die Aufwachphase nach der OP.
Durch die fachübergreifende Tätigkeit, sind auch die Patienten sehr abwechslungsreich. Neben Schwangeren, Kindern oder Senioren, müssen sich Anästhesisten empathisch auf die unterschiedlichsten Patienten einstellen und ihnen die Angst vor der Narkose und der OP nehmen können.
Vor jeder Narkose und OP steht das Anästhesie-Vorgespräch, die sog. Prämedikation. Muss das Schmerzempfinden in einem größeren Körperareal betäubt werden, wie z.B. bei einer Operation, muss der Patient ein Gespräch mit dem Narkosearzt führen. Während dieses Gesprächs kann der Arzt entscheiden, welche Form der Narkose (Vollnarkose oder Regionalanästhesie) am besten geeignet ist. Die Narkose wird immer individuell auf den Patienten abgestimmt sowie auf die Art des Eingriffes. Faktoren wie Alter, Gewicht, Geschlecht, der allgemeine Gesundheitszustand, Allergien oder die regelmäßige Einnahme von Medikamenten oder Rauschmitteln spielen eine große Rolle für die Wahl des Narkosemittels und dessen Zusammensetzung.
Teil des Gesprächs ist auch die Aufklärung der möglichen Risiken, zu denen der Patient einen Aufklärungsbogen für die weitere Lektüre erhält.
Abschließend wird der Patient noch darüber informiert, wie er sich am Tag der Narkose zu verhalten hat wie bspw. das Weglassen blutverdünnender Medikamente, Nahrung, Getränke etc.
Am Tag des Eingriffes ist der Facharzt für Anästhesie für die Einleitung der Narkose beim Patienten zuständig. Benötigt der Patient eine Vollnarkose wird dieser beim Eintreffen in den OP-Saal nach seinem Namen, Geburtsdatum und der Art der Operation gefragt.
Das Einleiten der Narkose dauert ca. zehn Minuten. Über eine Venenkanüle wird das Narkosemittel intravenös eingeführt, wodurch der Patient in einen Tiefschlaf-ähnlichen Zustand verfällt. Kindern wird das Narkosemittel oftmals als Inhalationsgas über eine Gesichtsmaske verabreicht und der Venen-Zugang im Narkose-Zustand gelegt.
Das Narkosemittel besteht in der Regel aus einem Schlafmittel (Hypnotikum),Schmerzmittel (Analgetikum) und wenn nötig aus einem Präparat zur Erschlaffung der Muskeln (Relaxantien).
Die Vollnarkose gewährleistet, dass während der OP das Bewusstsein und das Schmerzempfinden des Patienten ausgeschaltet sind, sodass er nichts von der OP mitbekommt, der Körper ruhig bleibt und keine Schmerzen verspürt.
Während der Narkose wird der Patient bei kurzen Eingriffen durch eine Gesichtsmaske beatmet, bei längeren OPs erfolgt die Beatmung durch einen Schlauch in der Luftröhre oder im Rachen. Dieser Schlauch wird jedoch erst eingeführt, nachdem der Patient im Tiefschlaf ist.
Um einen sicheren Verlauf zu gewährleisten, begleitet der Arzt den Patienten die komplette OP lang und überprüft die körperlichen Funktionen wie Herzaktivität, Puls, Reflexe, etc. Sollte der Eingriff länger als erwartet dauern, kann der Anästhesist das Narkosemittel nachdosieren, sodass ein Erwachen noch während der OP ausgeschlossen ist.
Ist die Operation abgeschlossen, wird die Zufuhr des Narkosemittels gestoppt, sodass der Patient wenige Minuten später aus dem Tiefschlaf erwacht. Die Aufwachphase wird von geschulten Fachpersonal im Aufwachraum begleitet. Ist der Patient vollständig aufgewacht, befragt der Anästhesist diesen nach seinem Wohlbefinden. Übelkeit und Erbrechen können Folgen einer Narkose sein, weshalb die Betreuung durch den Facharzt auch noch nach der Narkose wichtig ist.
Sollte der Patient Schmerzen verspüren, kann über den schon verlegten Katheter Schmerzmittel verabreicht werden.
Manche Operationen erfordern eine besondere Art der Narkose wie bei einer Hirnoperation oder einem Kaiserschnitt.
Muss ein Hirntumor entfernt werden, können gewisse Funktionen wie Sprechen oder Sehen nicht bei einer Vollnarkose überprüft werden. Muss aber in diesen Regionen des Gehirns operiert werden, weckt der Anästhesist den Patienten für verschiedene Tests während der OP aus der Narkose auf. Bei dieser Wachoperation kann sichergestellt werden, dass Tumore radikal entfernt werden können, ohne wichtige Funktionen zu beeinträchtigen. Im ersten Teil der OP befindet sich der Patient in Vollnarkose. Erst nachdem der Schädel geöffnet wurde, wird der Patient geweckt. Da das Gehirn keine eigenen Sinneszellen für die Schmerzwahrnehmung hat, empfindet der Patient während der Wachoperation keine Schmerzen. Nur die Haut wird lokal betäubt.
Sollte eine Gebärende ihr Kind nicht auf natürliche Weise entbinden können, muss das Kind per Kaiserschnitt zur Welt gebracht werden. Dem Anästhesisten stehen bei einem geplanten oder ungeplanten Kaiserschnitt drei Narkose-Verfahren zur Auswahl:
Die regionale Betäubung hat keine Auswirkung auf das Neugeborene, da kein Narkosemittel über das Blut der Mutter verabreicht wird. Muss aber eine Vollnarkose durchgeführt werden und der Eingriff dauert länger als geplant, kann nach einer Zeit durch die Plazenta auch Narkosemittel zum Kind gelangen. Sollte dieser Fall eintreten, kann es sein, dass das Kind von Kinderärzten betreut werden muss.
Wie bei jeder Facharztausbildung muss der Arzt ein abgeschlossenes Medizinstudium und Approbation vorweisen können. Die Weiterbildung zum Facharzt für Anästhesiologie dauert 60 Monate, von denen 12 Monate im Bereich der Intensivmedizin und 12 Monate in weiteren Bereichen geleistet werden müssen.
Nach Beendigung der Weiterbildungszeit erfolgt über die Landesärztekammer die Anmeldung zur Facharztprüfung. Nach Bestehen erhält der Arzt die Anerkennung zum Facharzt für Anästhesiologie.
Je nachdem, ob man bei einem öffentlichen Träger oder einem privatwirtschaftlich geführten Klinikkonzern angestellt ist, kann das Gehalt unterschiedlich ausfallen. Bei einer Tätigkeit im Krankenhaus oder einer Klinik erfolgt die Bezahlung nach Tarifvertrag. Dabei liegt das Einstiegsgehalt bei ca. 6.196 – 6.518 Euro brutto pro Monat.